Dieses Infoblatt soll den Anwendern als kurzer, praxisnaher Leitfaden für das Wärmebehandlungsverfahren Anlassen dienen
1. Beschreibung
Das Anlassen schließt sich unmittelbar dem Härten an. Erst die Kombination Härten + Anlassen (= Vergüten) erzeugt das Vergütungsgefüge mit den optimierten mechanischen Eigenschaften für den jeweiligen Einsatzfall.
Das Anlassen gehört wie das Härten zu den thermischen Verfahren, die das gesamte Bauteil, d.h. von der Randzone bis in die Kernbereiche, in ihren mechanischen Eigenschaften beeinflussen.
Im gehärteten Zustand weist das Bauteil je nach Stahlzusammensetzung eine sehr hohe Härte auf, ist aber gleichzeitig sehr spröde und kann im gehärteten Zustand nicht eingesetzt werden. Dabei gilt die Faustformel, dass mit steigender Härte die Zähigkeit sinkt.
Das Anlassen verfolgt den Zweck, die Härte eines gehärteten Bauteils so weit zu verringern, dass die geforderten Zähigkeitswerte erreicht werden. Der gleichzeitig auftretende Härteverlust wird in Kauf genommen. Welcher Kompromiss zwischen Härte und Zähigkeit eingestellt werden muss, entscheidet der Konstrukteur; denn nur er kennt den Verwendungszweck und die Belastung des Bauteils. Legt man ein Kriterium fest, z.B. die Anlasshärte, ist die Zähigkeit auch festgelegt. Es ist nicht möglich, beide Eigenschaften
unabhängig voneinander einzustellen.
Bei manchen Stählen, z.B. Warmarbeitsstähle und Schnellarbeitsstähle, sind mehrfache Anlassbehandlungen (bis zu 4 mal) notwendig, um optimale mechanische Eigenschaften zu erhalten. Die Dauer der Anlassbehandlung richtet sich nach dem Bauteilquerschnitten und der Chargengröße; die minimale Haltezeit nach vollständiger Durchwärmung der Werkstücke ist 1 Stunde. Das Anlassen kann in Schutzgasanlagen, Vakuumanlagen, Salzbädern oder in Anlagen mit Luft (z.B. Induktionsanlagen) durchgeführt werden. Die Wahl der Atmosphäre beeinflusst die Oberfläche der Bauteile.
2. Geeignete Werkstoffe
Es werden alle Werkstoffe angelassen, die härtbar sind. Die Anlasstemperatur ist abhängig von der Stahlzusammensetzung und der gewünschten Endhärte. Die Stahlhersteller geben zu den verschiedenen Stählen sogenannte Anlassschaubilder heraus. Hier kann man den Härteverlauf in Abhängigkeit von der Anlasstemperatur ablesen.
3. Vorzüge dieser Wärmebehandlung
Eine Anlassbehandlung verbessert die Zähigkeit eines gehärteten Bauteils und sollte daher nach jeder Härtung durchgeführt werden.
4. Kundenangaben zur Wärmebehandlung
Zur Auswahl der richtigen Anlasstemperatur benötigt der Wärmebehandler entweder die direkte Angabe der Temperatur (eher unüblich) oder die Sollhärte. Es ist darauf zu achten, dass die Anlasstemperaturen selbst bei gleicher Stahlqualität nicht immer gleich hoch sind. Die Bauteilabmessung und die aktuelle Chargenzusammensetzung können sich ändern. Hierauf muss sich der Lohnhärter jeweils individuell einstellen.
Zur Durchführung des Anlassens sind folgende Angaben erforderlich:
- Werkstoff
- Sollhärte
- Prüfstelle
Weitere, für das Anlassen notwendige Angaben, sind dem Lohnhärter mitzuteilen.
Als Orientierung kann das Infoblatt „Angaben zum Wärmebehandlungsauftrag“ herangezogen werden.