Nitrierverfahren

Dieses Infoblatt soll den Nachfragern und Anwendern als kurzer Leitfaden dienen, umpraxisnah das richtige Nitrierverfahren für den jeweiligen Anwendungsfall auszuwählen.

1. Beschreibung

Das heutige Verfahrensangebot bietet im wesentlichen folgende gängige Varianten:

Nitrieren bei Diffusion von Stickstoff:

  • Gasnitrieren
  • Plasmanitrieren
  • Vakuumnitrieren

Nitrieren bei Diffusion von Stickstoff und Kohlenstoff:

  • Gasnitrocarburieren
  • Plasmanitrocarburieren
  • Salzbadnitrocarburieren

Für alle Verfahren gelten folgende Bedingungen:
Je länger die Nitrierdauer, desto größer die Nitrierhärtetiefe (Nht). Je höher die Temperatur gewählt wird (Temperaturspannen von 350 – 630°C), desto tiefer kann der Stickstoff bei gleicher Zeiteinheit eindringen. Allgemein sinkt jedoch die Eigenhärte der Nitrierschicht mit zunehmender Behandlungstemperatur.

Werkstoffe mit nitridbildenden Elementen (z.B. Chrom, Molybdän, Vanadium, Aluminium) weisen eine höhere Nitrierhärte auf, jedoch reduziert sich die mögliche Stickstoffeindringtiefe mit zunehmendem Legierungsgehalt.

Die verschiedenen Nitriertechniken im kurzen Überblick:

Gasnitrieren:
In einer aufgespalteten Ammoniakgasatmosphäre diffundiert üblicherweise bei 500 – 530°C Stickstoff in die Bauteile ein. Durch lange Behandlungsdauern von 10 – 160 Stunden werden Nitrierhärtetiefen (Nht) von 0,1 – 0,9 mm erzielt, je nach verwendetem Werkstoff. Hauptziele sind z.B. Verbesserungen der Bauteilfestigkeit, Verschleißfestigkeit, Gleiteigenschaften, Temperaturbeständigkeit und Biegewechselfestigkeit. Eine partielle Behandlung kann durchgeführt werden.

Plasmanitrieren:
Das Plasmanitrieren bewirkt die Einlagerung von Stickstoff in Eisenwerkstoffen üblicherweise bei 480 – 580°C und findet im Vakuum unter Zuhilfenahme des mit einer Glimmentladung erzeugten Plasmas an der Werkstückoberfläche statt. In Sonderfällen sind auch Behandlungstemperaturen von 350 – 480°C möglich. Hauptziele sind die bei der Gasnitrierung bereits genannten Eigenschaften. Das Verfahren eignet sich besonders für hochlegierte Werkstoffe (> 13% Cr) unter Berücksichtigung einer sich ggf. einstellenden Verschlechterung der Korrosionsbeständigkeit. Enge Spalten oder Bohrungen sind nicht immer gleichmäßig nitrierbar. Ergänzende Informationen über das Plasmanitrieren können Sie dem Infoblatt „Plasmanitrieren“ entnehmen.

Vakuumnitrieren:
Die Vakuumnitrierung ist ein Spezialnitrierprozess mit Ammoniak und Lachgas bei 450 – 550°C im Unterdruck. Sie dient zur Erzielung maximaler Härten bei Werkzeugstählen und hochlegierten Werkstoffen. Übliche Nht’s liegen bei 0,05 – 02mm. Eine Teilnitrierung ist nicht möglich. Gegenüber der Behandlung im Plasma werden aber bessere allseitige und gleichmäßige Nitrierergebnisse bei scharfen Kanten und Stegen sowie engen, tiefen Bohrungen bzw. Spalten erreicht.

Nitrocarburierung im Gas oder Plasma:
Dieser Prozess erfolgt vorzugsweise bei 570 – 580°C in einem Gasgemisch Stickstoff-Kohlenstoff abgebender Medien und stellt eine Alternative zur Salzbadnitrocarburierung mit langsamerer Chargenabkühlung dar. Hauptziel ist der Verschleiß- oder Korrosionsschutz. Bei Abkühlung in oxidierenden Atmosphären kann die Korrosionsbeständigkeit noch zusätzlich verbessert werden. Die Nht liegt bei 0,1 – 0,35 mm. Die Oxidationsbehandlung nach der Nitrocarburierung ist nach allen Verfahrensvarianten möglich. Partielle Behandlungen sind bei Gas- oder Plasmabehandlungen möglich. Für alle Nitrocarburierverfahren gilt: Die Behandlung erfolgt zur Erzeugung der gewünschten Verbindungsschicht (VS), die Ausscheidungsschicht ist normalerweise von untergeordneter Bedeutung.

Salzbadnitrocarburierung:
In einer Salzschmelze wird bei 570 – 580°C eine Nitrocarburierbehandlung durchgeführt. Die Behandlungszeit beträgt üblicherweise 60 – 120 Minuten, die Abkühlung erfolgt werkstoffabhängig im Wasser- oder Salzwarmbad. Die Nht beträgt ca. 0,1 – 0,25 mm (je nach verwendetem Werkstoff). Die Behandlung erfolgt vorwiegend zum Verschleiß- und Korrosionsschutz; für hohe Belastungen ist das Salzbadnitrocarburieren weniger geeignet. Partielles Salzbadnitrocarburieren ist nicht möglich.

2. Geeignete Werkstoffe

Salzbadnitrocarburieren, Plasmanitrieren und Plasmanitrocarburieren:
Es können alle gebräuchlichen Stahl-, Guss- und Sinterwerkstoffe behandelt werden. Geeignet sind sowohl unlegierte als auch niedrig und hochlegierten Stähle.

Gasnitrieren, Gasnitrocarburieren:
Es können alle gebräuchlichen Stahl-, Guss- und Sinterwerkstoffe nitriert werden. Geeignet sind unlegierte, niedrig legierte und mittellegierte Werkstoffe; hochlegierte Werkstoffe (> 13% Cr) sind – aufgrund ihrer Oberflächenpassivitäten – eher ungeeignet.

3. Prüfungen:

Schlifferstellung – Prüfverfahren:
Die Messung der Härte erfolgt nach EN ISO 6507 in HV (Vickers). Die Messung der Nitrierhärteteife (Nht) nach DIN 50190, Teil 3. Zur Beurteilung der Schichten werden klassische metallografische Prüfmethoden eingesetzt.

4. Vorzüge dieser Wärmebehandlung

  • Hoher Verschleißwiderstand bei Adhäsion
  • Anpassung der Schichten an Verschleißarten
  • Reduzierung der Reibungskoeffizienten
  • Einsparung von Schmiermitteln
  • Schaffung korrosionsbeständiger Schichten
  • Warmbeständigkeit der Nitrierschicht bis 400°C
  • Teilnitrierungen möglich (Ausnahme: Salzbadnitrocarburieren)

5. Kundenangaben zur Wärmebehandlung

Neben der Angabe des Werkstoffes und der Wärmebehandlung vor der Nitrierung sollten als Qualitätsmaßstäbe in der Fertigungszeichnung genannt werden:

  • Sollhärte in HV (inkl. Prüflast)
  • Nitrierhärtetiefe (Nht) in mm
  • Dicke der Verbindungsschicht in µm (VS)
  • Ggf. Kennzeichnung der Bereiche, die nicht nitriert werden sollen

Weitere für die Nitrierverfahren notwendigen Angaben sind dem Lohnhärter mitzuteilen.

Als Orientierung kann das Infoblatt „Angaben zum Wärmebehandlungsauftrag“ herangezogen werden.